Algenwachstum folgt dem Modell der San

Die Embryonalentwicklung von Algen spiegelt die Muster von Tieren und Pflanzen wider und offenbart die gemeinsamen entscheidenden Phasen in der Evolution komplexer Lebensformen.
 

24. Oktober 2024

Jüngste Beobachtungen von Forschern des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen und der Universität Dundee an Braunalgen weisen das gleiche Sanduhrmuster während der Embryogenese auf wie bei Tieren und Pflanzen. Das „Sanduhrmodell“ der Entwicklung mehrzelliger Organismen besagt, dass Embryonen desselben Stammes in den frühesten und spätesten Stadien morphologische und molekulare Unterschiede aufweisen, sich aber in der mittleren Embryonalperiode ähneln. Die Verfolgung der Entwicklungsstadien bei Braunalgen, zeigt nun, dass die Prozesse, die die Entwicklung komplexer mehrzelliger Organismen steuern, universeller sind, als wir dachten, und liefert ein tieferes Verständnis dafür, wie sich mehrzelliges Leben entwickelt hat.

Es ist einfach, zwischen einem Huhn, einem Fisch oder einem Elefanten zu unterscheiden. Doch in ihren frühen Entwicklungsstadien weisen diese Arten eine auffallende Ähnlichkeit auf. Obwohl ihre Embryonen unterschiedliche Ursprünge haben und sich zu Arten mit unterschiedlichen Merkmalen und Größen entwickeln, durchlaufen sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Wachstums einen engen Engpass in der Entwicklung, in dem ihre Zellen fast identisch sind. Dieses Sanduhrmodell der embryonalen Evolution geht davon aus, dass die Arten in den frühen und späten Entwicklungsstadien eine erhebliche Variabilität aufweisen, während ein mittleres Embryonalstadium bemerkenswert festgelegt ist. Dieses Modell wurde sowohl bei Tieren und Pflanzen als auch bei Pilzen beobachtet. Bei Braunalgen wurde sein Vorhandensein bisher nicht untersucht.

Braunalgen stellen die drittkomplexeste Entwicklungslinie der Erde dar. Vergleichbar mit einigen Pflanzen, was die Raffinesse der Entwicklungsmuster angeht. Sie sind komplexe photosynthetische Organismen mit einer anderen Evolutionsgeschichte als Grünpflanzen. Zum Beispiel haben Braunalgen keine echten Wurzeln, Stämme oder Blätter. Dennoch haben sie unabhängig von den Pflanzen analoge komplexe mehrzellige Strukturen entwickelt.

Dr. Susana Coelho und Direktorin der Abteilung für Algenentwicklung und -evolution wies auf die Herausforderungen hin, die sich bei der Algenforschung durch das Sammeln der Arten ergeben: „Sie sind nur im Winter fruchtbar. Wir hatten mit Stürmen zu kämpfen, um die erwachsenen Exemplare an den felsigen Küsten der Bretagne zu sammeln und sie im Labor zu züchten.“

Die neueste Studie von Biologen des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen zeigt ein Sanduhrmuster in der Fucus-Braunalge, das neue Einblicke in die Evolution der Vielzelligkeit ermöglicht. Wissenschaftler erfahren, wie sich Zellen und Gewebe im Laufe der Zeit entwickeln, indem sie das Transkriptom untersuchen - eine Bibliothek aller aktiven Gene zu einem bestimmten Zeitpunkt.

„Es war erstaunlich, ein konserviertes Stadium in der Embryogenese der Braunalgen zu entdecken, in dem uralte Gene in ähnlicher Weise exprimiert werden wie in Tier- und Pflanzenembryonen. Dies ist das Markenzeichen des Sanduhrmodells, das auf alle komplexen Lebensformen zutrifft“, kommentiert Erstautor und Doktorand Jaruwatana Sodai Lotharukpong.

Die Studie zeigt, dass Fucus-Embryonen in den frühen und späten Entwicklungsstadien eine größere Varianz aufweisen. Gleichzeitig ist die mittlere Embryonalperiode entscheidend für die Festlegung des Körperplans des erwachsenen Organismus. Dieses Muster spiegelt die Entwicklungsprozesse in anderen mehrzelligen Eukaryonten wider und unterstreicht, dass bestimmte Entwicklungsstadien für die Evolution der Komplexität von Lebensformen entscheidend sind.

„Es ist selten, dass man im gesamten Lebensbaum allgemeine Muster findet. Wir haben nun ein gemeinsames Prinzip gefunden, das erklärt, wie sich Entwicklungsprozesse über unabhängige Abstammungslinien komplexer mehrzelliger Organismen hinweg entwickeln“, fügte Lotharukpong hinzu.

Das Forschungsteam arbeitet weiter an der Erforschung der Gene und Gennetzwerke, die den unterschiedlichen Körperplänen der Braunalgen zugrunde liegen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass das Entwicklungs-Sanduhrmodell eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung komplexer Körperpläne spielt. Das Verständnis dieses Modells ist entscheidend, um weiter zu erforschen, wie Organismen im gesamten Stammbaum des Lebens erfolgreich einen gesunden vielzelligen Körper entwickeln und erhalten“, erklärt Dr. Hajk-Georg Drost, außerordentlicher Professor für digitale Biologie und Royal Society Wolfson Fellow an der Universität Dundee.

Diese Entdeckung bereichert unser Verständnis der funktionellen Biologie von Braunalgen und der Evolution komplexer mehrzelliger Systeme. Sie unterstreicht, wie wichtig es ist, verschiedene Lebensformen zu untersuchen, um die grundlegenden Prinzipien und Komplexitäten der Evolution aufzudecken. Diese Forschung erinnert uns an die komplizierten Verbindungen, die alle lebenden Organismen miteinander verbinden.

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